Lucas Freitag's Blog

Ein halbes Jahr ist es nun her seit ich das Seminar besuchte und einige kleine Änderungen vornahm, die tatsächlich einiges erreichten. Durch die SEO optimierte Webseite, die ich dann doch lieber von Profis erstellen ließ, als selbst herumzufummeln, wurde ich auch bei Google, dieser komischen Suchmaschine, schnell gefunden und es dauerte nur ein paar Wochen, bis die ersten E-Mails mit Anfragen kamen. Neue Kunden bekommen sofort eine der kleinen Plastikkarten in die Hand gedrückt, damit sie sich auch an mich erinnern. Außerdem habe ich mittlerweile ein kleines Büro gemietet und verbringe dort 90% meines Arbeitstages. Zu den Kunden fahre ich jetzt nur noch, wenn sie es wollen. Der Rest läuft über Telefon und Internet. Auch die "Beratungsgespräche", wie ich sie jetzt nenne, sind deutlich entspannter als vorher, weil mein Gegenüber nicht mehr meint, ich will ihn nur abzocken. Hätte man mir damals gesagt, wie erfolgreich diese kleinen Investitionen sein würden, hätte ich ihn vermutlich für dumm befunden, aber heute bin ich schlauer, bleibe auf dem Laufenden und demnächst werde ich mich in das "mobile Internet" wagen und meinen Kunden vielleicht sogar eine dieser Apps, diese Programme für Handys, die ja mittlerweile auch alle "online" sind, anbieten.

Ich bin fix und fertig. Nicht nur, dass die einzelnen Stunden in einem riesigen Komplex aus Räumen, Lehrzimmern und Hörsälen abgehalten werden und man in den Pausen dazwischen eigentlich nur Zeit hat, von einem Raum zum nächsten zu hechten, zu allem Überfluss wird man auch noch freundlich, aber bestimmt, darauf hingewiesen, dass man bisher alles falsch gemacht hat. "Sie haben keine Visitenkarten, inserieren nicht in der Zeitung, haben keine Webseite und wundern sich dann noch, dass Sie keine neuen Kunden akquirieren können?", schmeißt mir eine blutjunge Dame entgegen und das "Klingelputzen" sei wohl eine Methode des letzten Jahrhunderts. Sollte es wirklich an kleinen Plastikkarten oder einer virtuellen Besucherseite liegen, dass ich keine schwarzen Zahlen mehr schreibe? Nachdem man uns am ersten Tag so heruntergeputzt hat, verliefen die beiden anderen Tage deutlich entspannter, fast schon langweilig. Inhaltlich nur gefüllt mit Formen von Werbung, Berechnungen über deren Kosten, Erstellung von Marktanalysen und allerlei Quatsch, der mich eigentlich gar nicht interessiert, aber anscheinend sollte. Mein persönliches Fazit zu diesem Seminar ist allerdings, dass ich es vielleicht doch mal mit der Erstellung einer Webseite versuchen sollte. Schließlich kostet Webspace heutzutage nichts mehr und man kann auch bequem von Zuhause daran arbeiten. Außerdem soll ich meine Berufsbezeichnung nach "Makler für Absicherung und Allmählichkeitsschäden" ändern. Klingt einfach besser, meinen die Damen vom Seminar.

Eigentlich lief mein Job bis dato ganz gut und eigentlich wollte ich daran auch wenig ändern. Klar ist, reich wird man als Versicherungsvertreter nicht und teilweise werden einem relativ harte Worte an den Kopf geworfen, wenn man eigentlich nur ganz freundlich an der Tür klingelt und mal nachfragen will, ob vielleicht Interesse an einer neuen, im Zweifel sogar billigeren, Versicherung besteht. Dass mein Beruf kein besonders gutes "Image" hat, das besonders durch die Medien immer wieder mit Füßen getreten wird, daran habe ich mich gewöhnt. Trotzdem läuft es in letzter Zeit immer schlechter und teilweise werden mir die Türen vor Nase zugemacht, bevor ich überhaupt etwas sagen kann. Es muss sich also etwas ändern. Bloß was, das weiß ich noch nicht.

Zwischenbericht: Reine Verzweiflung

Heute habe ich es getan. Ich habe mich bei einem Seminar für Werbung, Marketing und persönliches Auftreten angemeldet. Drei Tage lang werden wir da durch die Mangel genommen, analysiert und hoffentlich so weit optimiert, dass ich wieder Kunden bekomme, denn die Luft wird dünn, und wenn es so weitergeht, muss ich von meinen Ersparnissen leben.